Glossar

A

Akteure

Eigentlich passt der Begriff zur Vorstellung vom öffent­lichen Raum als Bühne des städtischen Lebens. Die Stadt ent­wickelt sich durch ver­schie­dene Ent­schei­dungen unter­schied­licher Akteure all­täglich und be­ständig weiter und ver­ändert sich dabei. Die Rolle von Archi­tekten, Städte­bauern und Planern muss im Netz­werk dieser Akteure situativ aus­gelotet werden.

Zukunft Metropole Ruhr
Integriertes Handlungs­raum­konzept Mün­chen

B

Begabung

Zunehmend beschäftigen sich Forschungen mit einem urbanen Landschafts­begriff und finden inzwischen ihre Fortsetzung in der vertieften Beschäftigung mit den inneren Peripherien. Peri-­Urbanität muss als eine spezifische Ausprägung unserer heutigen Urbanität verstanden werden, die zusätzlich vor dem Hinter­grund der Nach­haltigkeits­debatte auch besondere „Begabungen“ zur Bewältigung zukünftiger Heraus­forderungen bereithält. Urbane Bestände müssen als Ressourcen gelesen und in Wert gesetzt werden.

Benjmin-Franklin-Village Mannheim

C

Campus ist Stadt

Universitäten des 21. Jahrhunderts verstehen sich nicht mehr als isolierte Inseln der Wissenschaft, sondern als integrale Teile der Stadt. Beide bedingen und bereichern sich wechselseitig. Idealerweise ist die Grenze zwischen Campus und „normalem“ Stadtraum fließend und nicht ablesbar.

Polyfeld Muttenz
Universitätscampus City West Berlin

D

Divers(C)ity

Nicht planbar, aber zu ermöglichen!

Do-it-yourself Urbanismus

Das häufig vordergründig als „nicht geplant“ apostrophierte, nach dem zweiten Weltkrieg explosions­artig gewachsene urbane Territorium amalgamiert abertausende öffentlich-­rechtlicher professioneller Ent­scheidungen mit den „autarken“ Entscheidungen privater Akteure. Das (scheinbare) räumliche und funktionale Chaos, die geklont wirkenden Stadt-­Teile offenbaren die Ästhetik der Massen­gesellschaft und die Anmutungs­qualitäten der Ergebnisse eines verbreiteten „Do-it-­yourself“ – Urbanismus und erschrecken feinsinnige Fach­gemüter ob ihrer Banalität. Inzwischen ist aber eine Generation heran­gewachsen, die sich hervorragend in diesen Territorien zurecht findet.

E

Entwerfen

Entwerfen im städte­baulichen Massstab ist längst nicht mehr, was es mal war oder zumindest sein wollte. Es schwankt zwischen omni­potenten Gestaltungs­macht­fantasien und demütiger Unterwerfung unter die Zwänge des Marktes. Im planerischen Alltag geht es weniger um die Anwendung eines raum­funktionalen Formen­kanons als um das Rahmen­setzen für städtische Entwicklungs­möglichkeiten: Das Postulieren eines zu Ende gedachten Stadtbildes ist dem Veran­schaulichen und gestalterischen Begleiten von urbanen Trans­formations­prozessen gewichen. Städtebauliches Entwerfen wird in den letzten Jahren ergänzt um das regionale und das raum­planerische Entwerfen. Damit wird einmal mehr ein erweitertes Entwurfs­verständnis angedeutet, das auch wieder den Anspruch erhebt, unter bestimmten Voraus­setzungen „Forschung“ sein zu können.

Das neue Gartenfeld Spandau Berlin

F

Forschung

Experimentieren ist notwendig. Trial und error, lernen durch Entwerfen (und Verwerfen), als eine Form des Generierens von Wissen, notabene Forschung also.

ZwischenStadtEntwerfen

G

Gartenstadt

Das Bild der Metro­gartenstadt basiert auf den vor­handenen Qualitäten der Landschaft und bringt sie in unmittelbaren Zusammen­hang mit den Potentialen der vielfältigen Siedlungs­standorte. Zukünftige Raum­entwicklung wird primär die Selbst­versorgungs­kapazitäten des Raums berück­sichtigen müssen. Metro­gartenstadt antizipiert in diesem Zusammen­hang einen Umbau zu einem ganzheitlichen und komplementären System aus Stadt und Landschaft. Dabei entsteht ein neues Bild, eine kontrastreiche, urbane Kultur­land­schaft des 21. Jahr­hunderts als neues Image einer gesamturbanen, leistungsfähigen wie auch grünen Metropole.

Metrobild Zürich
Gartenstadt des 21. Jahrhunderts

H

Heimat

„Denn das ist das Erstaunliche, dass die große Stadt trotz aller hässlichen Gebäude, trotz des Lärmes, trotz allem, was man an ihr tadeln kann, dem der sehen will, ein Wunder ist an Schönheit und Poesie, ein Märchen, bunter farbiger, viel­gestaltiger als irgendeines, das je ein Dichter erzählte, eine Heimat, eine Mutter, die täglich überreich, verschwenderisch ihre Kinder mit immer neuem Glück überschüttet. Das mag paradox, mag übertrieben klingen. Aber wen nicht Vorurteile blenden, wer sich hinzu­geben versteht, wer sich aufmerksam und eindringlich mit der Stadt beschäftigt, der wird bald gewahr, dass sie wirklich tausend Schön­heiten, ungezählte Wunder, unendlichen Reichtum, offen vor aller Augen und doch von so wenigen gesehen, in ihren Strassen empfängt.“ (August Endell, Die Schönheit der großen Stadt, 1908)

Aareland
Ein Bild der Region Bern

I

Instrumente

In Regionen, wo die strukturellen Probleme am größten sind, muss das planerische Instrumentarium neu konzentriert werden. Marginalisierte Räume werden zu Räumen des Experiments und der Selbst­organisation, hier werden neue Modelle der gesell­schaftlichen, ökonomischen und räumlichen Organisation erprobt. Solche „Sonderpraxis­bereiche“ können eingebettet sein in eine neue Form der situativen Regelung, die neue gesamt­regionale Entwicklungs­perspektiven aus konkreten Impuls­strategien und Schlüssel­projekten gewinnen.

J

Junk space

Die immer gleichen Füllungen mit global operierenden Büros und Konzern­filialen werden durch hilflose Namens­gebungen aus dem Fundus der (süd-) euro­päischen Stadt ver­brämt und führen zu den hin­länglich be­kannten Stadt­bau­steinen im Stil von Center­Arcaden­Plaza­Kollonaden­Carree­Passagen­Höfe.
Nach jahr­zehnte­langer Ver­breitung reicht die Namens­gebung allein als Ver­heissung von städtischem Er­lebnis längst nicht mehr aus.

ZwischenStadtEntwerfen

K

Kritische Rekonstruktion

Dieser Begriff, neben dem der behut­samen Stadt­erneuerung, war Leitmotiv der IBA Berlin in den 1980er Jahren. Die flächen­hafte Nieder­legung der Gründerzeit-­Stadtquartiere im Namen einer normativen Vorstellung von Stadt fand damit ein Ende, diese Quartiere wurden nun um- und weiter­gebaut. Heute werden wieder ganze Stadt­quartiere von einem normativen Stadtideal, dem der so­genannten europäischen Stadt, in ihrer originären Struktur und Substanz bedroht, und die inne­wohnenden Potentiale übersehen: Die Gartenstadt­quartiere bzw. als Stadt-­Landschaft konzipierten Stadt­teile. Inzwischen erfreuen sich diese Quartiere einer neuen Wert­schätzung. Das Postulat für eine kritische Rekonstruktion und behutsame Erneuerung der Garten_­Stadt_­Landschaft versucht, eine diesen Stadt­beständen angemessene Heran­gehensweise zu stimulieren.

L

Leitbilder

Alles geht! Super­modernism und New Urbanism, ultra­pragmatischer Ingenieurs­städtebau neben nostalgisch-­eskapistischer Retro-­Stadt, regionale „Spezialitäten“ Seite an Seite mit der globalen Hyper­kultur. Fakt ist, es gibt keine normativen Leit­bilder mehr für die heutige Stadt.

M

Masterplanung

Im Masterplan on demand werden die Rahmen­bedingungen und städte­bauliche Prämissen für die zukünftige Entwicklung eines Gebietes festgelegt. Das für die einzelnen Bereiche erstellte Regelwerk (Baufelder, Gestaltungs­baulinien, Dichte, Volumetrie, Erschliessung, Nutzung, etc.), definiert den Rahmen für künftige Projekte. Über das Regelwerk hinaus helfen ein steck­briefartiger Beschrieb und Referenz­bilder, die baulichen und frei­räumlichen Themen und Typologien zu veran­schaulichen sowie die angestrebten Qualitäten fest­zuschreiben. Die Master­planung innerhalb dieses Rahmens wird als ein dynamischer Prozess verstanden: ein Dialog zwischen Stadt, Grund­eigentümern und Bau­herrschaften, in dem die Planung sukzessive fort­geschrieben und umgesetzt wird.

Polyfeld Muttenz

Metropole

In der frag­mentierten Stadt­landschaft mit ihrer meist vielfältigen und teilweise radikalen Nutzungs­mischung auf engem Raum sowie der Ver­zahnung von Siedlung und Landschaft sehen wir das Potential für eine Ent­wicklung zu einem zukunfts­fähigen Metropolen­raum neuen Typs. Diese eher dezentral organisierte und schwächer hierarchisierte Form der Metropole erscheint uns in vielerlei Hinsicht belastbarer und krisenfester als klassische Metropolen wie Paris, London oder Berlin. Die dezentrale Konzentration urbaner Strukturen und Funktionen ist Voraussetzung für eine neue Viel­gestaltigkeit im Sinne einer föderalistischen und nach­haltigen Stadt­landschaft.

N

Niemandsland

Der Begriff Niemandsland (terra nullius) bezeichnet ein Gebiet, das niemandem gehört, also staats­rechtlich herrenlos ist, oder von niemandem besiedelt und gepflegt oder bewirtschaftet wird. (wikipedia)

O

Optimismus

Stadt­entwürfe können nur erfolgreich sein, wenn sie sich selbst als das verstehen, was sie sind: unter­schiedliche Möglich­keiten des Scheiterns. (…) Pläne, die sich in Frage stellen, sind korrigierbar, andere nicht.“ (Ernst Hubeli)

P

Partizipation

Wer wird woran beteiligt? Zivil­gesellschaftliche Akteure an der Planung? Oder die Planung beteiligt sich an den all­täglichen Prozessen der Stadt­entwicklung? Der Partizipations­begriff und die darauf auf­bauenden Beteiligungs­verfahren haben oft etwas Pater­nalistisches an sich. Sie gehen zumeist davon aus, dass die Planung die richtigen Vorgaben macht, die nun den Beteiligten noch näher gebracht werden müssen.

Q

Qualitätsoffensive

Wo sich inner­städtische Freiräume trotz errechneter Unter­versorgung nicht ohne Weiteres vermehren und vergrößern lassen, sind andere Strategien gefragt. Solche, die teils ungewöhnliche Wege aufzeigen, wie das Grün als Teil der Stadt gesichert, entwickelt und besser nutzbar wird. Das reicht von kreativen Mehr­fach­nutzungen im Grün, temporären Zwischen­nutzungen, Verbesserung der Zugänglich­keit und Vernetzung bis zur qualitativen Aufwertung und klein­teiligen Ergänzung des Bestandes. Es wird nicht nur darum gehen, die Folgen der Nach­verdichtung zu bewältigen, sondern auch darum Stadtgebiete für die Zukunfts­aufgaben der Stadt­entwicklung in einer länger­fristigen Perspektive ‚fit zu machen’.

Freiraumqualitätsoffensive Eimsbüttel

R

Rührei

Wesensmerkmal der heutigen post­fordistischen Stadt ist die Parallelität von unter­schiedlichen Zuständen, Epochen, Strukturen. Von alter Stadt und Zwischen­stadt, Siedlung und City, prag­matischer Infrastruktur­notwendigkeiten und gelebter Heimat. Sie transformiert sich durch die beschleunigte Gleich­zeitigkeit von Wachstum und Schrumpfung, Verdichtung und Entdichtung, Dynamik und Stillstand. Wirtschaftliche Umbrüche, regionale Rahmen­bedingungen, differenzierte soziologische Milieus und Lebens­stile bilden sich in unters­chiedlichen Stadt­fragmenten ab. Die „alte Stadt“, das historische Zentrum, wird dabei zu einem Teil unter vielen, gleichsam untergerührt wie in Cedric Price’s bekannter Metapher von der modernen Stadt als Rührei.

S

Städtebau

ist weniger die Schnitt­stelle als vielmehr die große Schnitt­menge der im Stadtraum entwurflich Engagierten. Im städte­baulichen Ent­werfen begegnen sich alle für die räumliche Ent­wicklung wesentlichen Disziplinen und hier muss deren Integration gestalt­relevant gelingen. Es braucht „Planungs­kompetenz“ für den Umgang mit Daten­material und sozio­ökonomische Kenntnisse, Wissen über Akteure und Verfahren, und „Entwurfs­kompetenz“, also kulturelles Wissen und „räumlich-­formale“ wie ästhetische Fähig­keiten.

Friedrich-Creuzer-Straße München
Südschnellweg Hannover

T

Topologie

In der Mathematik die strukturelle Regel­haftigkeit von Räumen die trotz Ver­formungen selbst­ähnlich bleiben. Im Städtebau die Aufforderung aus der raum­funktionalen Logik des Ortes spezifische Spiel­regeln des Weiter­bauens und der urbanen Trans­formation abzuleiten. Antithese zum typo­logischen Städtebau, der archi­tektonische Typologien als allgemein gültige städtische Regenerations­instrumente einsetzt.

U

Unordnung

So wie die Zwischenstadt­debatte sich den urbanen Realitäten jenseits der Kern­städte  – und damit der Mehrheit des Gebauten – in Forschung und Planung zuwandte, so rückt der Begriff Metrozonen nun Rest-, Übergangs- und Zwischen­räume in den Blick die sowohl dem ordnenden Impetus des Stadtplaners  als auch formalen Gestaltungs­versuchen entgangen sind.  Zum Glück: „Urbanität lässt auch Raum für Unordnung und Unsicherheit. Die rationalistischen Konzepte fordistischer Planung sollen der Stadt das Dschungel­hafte, Mythische und Bedrohliche austreiben, doch zerstören sie damit auch das Heilige, Sakrale, die Stadt als Heimat und identitäts­stiftende Erinnerung.“  (Walter Siebel)

V

Verkehr

Verkehr und Stadt sind nicht nur untrennbar verbunden, sie bedingen sich gegenseitig. Verkehr bedeutete Mobilität und die Ver­heissung einer freieren und komfortableren Zukunft. Moderne Verkehrs­wege generierten neue Stadträume und automobile Ästhetik inspirierte die Form­gebung in der Architektur. Bis schliesslich mit der Walking City gar die Stadt selbst mobil wird und “sich heiter und gelassen durch die Landschaft bewegt” (archigram).
Mit der kon­zeptionellen Dominanz der Verkehrs­funktion über alle anderen Aspekte hat die modern Straße ihre polyvalente Komplexität aufgegeben zu Gunsten einer reibungs­losen Abwicklung des Verkehrs: vom Öffentlichen Raum zum Transit­raum.

Rosenplatz Osnabrück
Südschnellweg Hannover

W

Wertschätzung

Bestände sind Ressourcen. Das gilt heute immer mehr und mit Blick auf die An­forderungen der Nach­haltigkeit ins­besondere. Wenn es denn eine Lehre aus der jüngeren Städtebau­geschichte gibt, dann doch diese: Man kann Städte nicht gegen ihr Wesen, ihren Charakter bauen, umbauen, weiter­bauen. Man kann sie auch nicht wirklich trans­formieren, wenn man ihre Form und die diese beein­flussenden Kräfte nicht verstanden hat.

X

XY unbekannt

In Gleichungen mit einer Unbekannten wird diese häufig mit dem Buchstaben x bezeichnet. Der heutige Städtebau ähnelt einer Gleichung mit vielen Un­bekannten. Anfangs ist oft weit­gehend unsicher, wieviel Fläche in welchem Entwicklungs­zeitraum mit welchen Programmen für welche Nutzer geplant werden kann. Und was passiert, wenn nichts passiert? Der Planer kann sich ein Szenario wünschen, erzwingen kann er es jedoch nicht. Maximale Flexibilität in Städtebau und Architektur fordern programm­loses Entwerfen, das Nicht-­Festlegen und dennoch Ermöglichen.

Y

yellow z

Im Jahr 2008 haben wir nach mehr­jähriger Zusammen­arbeit unsere Büros process yellow in Berlin und Büro Z in Zürich zusammen­geschlossen zu yellow z urbanism architecture. Die Projekt­arbeit erfolgt unter gemeinsamer Feder­führung in engem Austausch und in projekt­spezifisch organisierter Arbeits­teilung.
Kon­zeptionelle Stärke ist nicht eine Frage des Entwurfs­massstabs, sondern des inhalt­lichen Zutritts. Dafür müssen vermeintliche Gewiss­heiten hinterfragt und bekannte Standards diskutiert werden. Für das Entwerfen als Arbeits­weise gibt es keine Rezepte, wohl aber Techniken, die auf urbanistische und architektonische Frage­stellungen antworten können. Räumliche Entwicklungs­strategien und archi­tektonischer Entwurf sind Massarbeit.

yellow z Team

Z

Zukunft

Bei der Imagination „zukünftiger Gegenwarten“ werden gerade nicht die zu jener Zeit gültigen Rationalitäts­standards zur Konstruktion eines realistischen, gegen­warts­angepassten Zukunfts­bildes angewendet. (…) (wikipedia)
Viele der Maßnahmen und Ideen, die so entstehen werden, sind weit über den üblichen Planungs­horizint hinaus­gedacht und dienen dazu, die Vor­stellungen von der Zukunft auszuweiten.

Zukunft Metropole Ruhr